Kirchenglocken als Lärm­belästigung – Das Ruhe­bedürfnis der Andersdenkenden

Von Franziska L.

Letzte Aktualisierung am: 13. November 2023

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Header Lärmbelästigung durch Kirchenglocken
Zur halben Stunde, zur vollen Stunde, zum Gottesdienst: In Städten und Dörfern gehört das Läuten der Kirchen zur alltäglichen Geräuschkulisse. Gerade für Anwohner in unmittelbarer Nachbarschaft zum Gotteshaus kann das mitunter nervtötend und störend werden. Doch stellt das Läuten der Kirchenglocken eine Lärmbelästigung dar? In welchen Fällen können Betroffene hiergegen vorgehen? Auskunft hierüber gibt der folgende Ratgeber.

FAQ: Lärmbelästigung durch Kirchenglocken

Lässt sich gegen Kirchenglocken als Lärmbelästigung vorgehen?

Ob es sich bei dem Läuten der Kirchenglocken rechtlich um eine Lärmbelästigung handelt, die Anwohner nicht hinnehmen müssen, hängt unter anderem vom Anlass des Läutens ab. Dabei wird unterschieden zwischen sakralem Läuten und dem Lauten als Zeitangabe.

Warum macht es einen Unterschied weshalb die Kirchenglocken läuten?

Das sakrale Läuten kann durch die Religionsfreiheit verfassungsrechtlich geschützt sein. Mehr dazu lesen Sie hier.

Welche immissionsschutzrechtlichen Richtwerte müssen Kirchenglocken beim Zeitschlag in der Regel einhalten?

Laut Gesetz sind 30 dB (AA) am Tag und 20 dB (A) in der Nacht zulässig.

Lärmbelästigung durch Kirchenglocken: Die Kirche genießt religiösen Schutz.
Lärmbelästigung durch Kirchenglocken: Die Kirche genießt religiösen Schutz.

Endlich Wochenende. Ausschlafen – so der Gedanke vieler Menschen, die sich nach einer anstrengenden Woche etwas mehr und länger Schlaf gönnen möchten. Doch dann – bim bam bim bam – werden sie am Morgen vom Läuten der Kirchenglocken geweckt. Aus und vorbei ist es mit der Ruhe. Vor allem für kirchenfremde Menschen kann sich hier die Frage stellen, ob es sich um eine unzumutbare Lärmbelästigung durch Kirchenglocken handelt, die unter Umständen auch durch ein Gericht unterbunden werden kann.

Kirchenglocken als Lärmbelästigung: Ein Streitthema seit Jahrzehnten

Der Streit um das Glockengeläut ist schon Jahrzehnte alt. Bereits in den 1950er Jahren versuchten Mitbürger, die nicht der Kirche angehörten, gegen diesen Lärm gerichtlich vorzugehen. Am 23.06.1953 urteilte das Oberverwaltungsgericht Koblenz, dass es ausschließlich Angelegenheit der Kirchengemeinden sei, wann und mit wieviel Glocken sie läuten.

Wenn Kirchenglocken zur Lärmbelästigung werden, ist es schwierig Urteile zu erwirken.
Wenn Kirchenglocken zur Lärmbelästigung werden, ist es schwierig Urteile zu erwirken.

Seit dem damaligen Urteil haben sich die Zeiten und Ansichten geändert, auch im Hinblick auf kirchliches Glockengeläut. Mit dem Thema Lärmbelästigung durch Kirchenglocken haben sich seitdem zahlreiche Urteile befasst.

Für Betroffene, die mit dem Gedanken spielen, gerichtlich gegen diese Art von Lärm vorzugehen, ist zunächst eine wesentliche Unterscheidung von Bedeutung:

  • Gegen das sakrale Kirchengeläut (z. B. das Angelusläuten oder das Glockenläuten zum Kirchendienst) kann nur vor den Verwaltungsgerichten geklagt werden.
  • Über die Zumutbarkeit des Zeitschlagens durch Kirchenglocken haben hingegen die Zivilgerichte zu entscheiden.

Sakrales Läuten der Kirchenglocken: „Keine Lärmbelästigung“ lauten die Urteile

Laut dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.09.1996 (Az. 4 B 152/96) stellt das liturgische Glockenläuten im herkömmlichen Rahmen in der Regel keine erhebliche Lärmbelästigung dar. Vielmehr sei dieses Läuten als zumutbar und sozialadäquat hinzunehmen.

Grundsätzlich sind bei Lärmbelästigungen aller Art bestimmte immissionsschutzrechtliche Richtwerte einzuhalten, und zwar:

  • 30 dB (AA) am Tag
  • 20 dB (A) in der Nacht

Allerdings gelten diese Werte im Bereich des liturgischen bzw. sakralen Glockengeläuts nur in einem begrenzten Rahmen, weil dieses Läuten als Ausübung der Religionsfreiheit verfassungsrechtlich geschützt ist (Art. 4 Abs. 2 Grundgesetz). Aus diesem Grund seien Geräuschimmissionen gewöhnlich als sozialadäquat hinzunehmen (BVerwG, Urteil vom 07.10.1983, Az. 7 C 44/81).

Deswegen wird ein gerichtliches Vorgehen gegen ein liturgisches Läuten der Kirchenglocken selten Erfolg haben, solange dieses im herkömmlichen Rahmen praktiziert wird.

Lärmbelästigung durch Kirchenglocken beim Zeitschlagen

Das Läuten von Kirchenglocken darf den Maximalwert von 30 dB nicht überschreiten.
Das Läuten von Kirchenglocken darf den Maximalwert von 30 dB nicht überschreiten.

Das Zeitschlagen durch die Kirchenglocken hat nach der Rechtsprechung keinen sakralen Charakter und sei damit nicht dem Sonderstatus der Kirchen zuzurechnen. Das heißt, Kirchen können sich hierbei nicht auf die Freiheit der Religionsausübung berufen. Außerdem habe es unter den heutigen Lebensverhältnissen in seiner Funktion der Zeitangabe an Bedeutung verloren.

Aus diesen Gründen ist diese Art des Glockenläutens rein privatrechtlicher Natur. Es muss sich deswegen auch an die Voraussetzungen des Immissionsschutzrechts halten.

Bei der Beurteilung, ob das zeitliche Läuten der Kirchenglocken eine erhebliche Lärmbelästigung darstellt, ist auf die Lautstärke und Lästigkeit des Einzelgeräuschs abzustellen. Danach darf das Zeitschlagen folgende Richtwerte nicht überschreiten:

  • 30 dB (AA) an Tage
  • 20 dB (A) in der Nacht

Das Vorgehen gegen diese eher weltliche Lärmbelästigung durch Kirchenglocken ist erfolgsversprechender als gegen das sakrale Läuten. Doch auch hier kann unter Umständen eine gewisse Toleranz von den betroffenen Anwohnern gefordert werden, z. B. wenn das Zeitläuten seit Jahrzehnten am Ort üblich war, ohne dass es bisher zu Klagen oder Beschwerden hiergegen kam.

Über den Autor

Franziska
Franziska L.

Franziska ist seit 2017 Mitglied der Redaktion von bussgeldkatalog.net. In ihren Textbeiträgen befasst sie sich vor allem mit Fragen des allgemeinen Ordnungswidrigkeitenrechts.

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Kommentare

  1. Mie sagt:

    Es ist zum wahnsinnig werden mit den Kirchenglocken. Sie dienten vor langer, langer Zeit dazu, die Uhrzeit zu läuten. Das muss schon lange nicht mehr sein.
    Aus einer Not heraus, bin ich in ein Dorf gezogen, in NRW, direkt gegenüber einer Kirche.
    Der Wechsel von Früh auf Spät, Wochenendarbeit machen es schon nicht leicht. Das durchgehende Läuten der Kirchenglocke raubt mir den Verstand. Um 00:00 Uhr 12x…
    Alle halbe Stunde Geläut. Zu jeder weiteren vollen Stunde wird die Uhrzeit geläutet. Es macht mich wahnsinnig. Dazu kommt im Mai noch das Maigeläut, da wird von morgens 06:00 Uhr bis 06:30 Uhr durchgebimmelt, 2 Wochen lang, jeden Morgen…. HORROR!!!!
    Ein Grund nun für mich, die Wohnung wieder zu verlassen.

  2. Nichtsanta Klaus sagt:

    Der beste Weg, Atheist zu werden, ist, in der Nähe eines Glockenturms zu wohnen!
    Die Kirche sorgt mit ihren eigenen Händen dafür, dass es noch mehr Atheisten gibt.
    Früher war ich auch eher gläubig, aber jetzt bin ich mir sicher, dass Gott, wenn es ihn gäbe, diese blöden Glocken wegnehmen würde!

  3. KircheImDorfLassen sagt:

    Sehr undifferenzierte Meinungen hier.
    Ich bitte zu bedenken:
    1) Welcher wirkliche Lärm wird statt dessen aber toleriert? Also Straßenverkehr, aufgedrehte Musikanlagen, Grillfeier des Nachbarn usw. Mein Gefühl ist, dass hier oft nur das nicht toleriert wird, was man nicht mag. Oder: man regt sich gegen Glocken auf und dreht dann den nächstbesten Fernsehmist laut auf. In der Regel sind Glocken übrigens nicht lauter als eine HiFi-Anlage oder eine Straße oder ein klingelndes Telefon oder eine Türklingel. Also einfach mal durch die Nase atmen und entspannen.
    2) Wenn ich auf’s Land ziehe, beschwere ich mich nicht über den Hahnenschrei. Ziehe ich neben eine Kirche, beschwere ich mich nicht über die Glocken. Sorry, aber meist ist eine Kirche schon vorher dagewesen – und dann weiß man beim Einzug über die Gegebenheiten und die eigene sensible Seele.
    3) Nicht alles, was hier behauptet wird, ist korrekt: „Fragt doch mal nach wieviel die Gemeinde zur Erhaltung des Turmes bei Reparaturen beisteuern muss…. Als Gegenleistung verpflichtet sich die Kirche bei Gefahren(Sturm, usw.) zu warnen. Läuten was das Zeug hält. Wird zwar nicht mehr gemacht, aber bezahlt wird immer noch. Aus Tradtion.“ Dieses Zitat z.B. ist Unfug.

  4. Chris sagt:

    Soziale Regel Nr.1: Andere nicht nerven oder irgendwie anders schaden.
    Nächstenliebe? Respekt?
    Wer auf riesig Gebimmel steht, kann sich fette Kopfhörer aufsetzen, damit ist der Sound eh am besten und sich von Spotify zudröhnen damit.
    So mache ich das auch, wenn ich etwas hören will, sei es Vogelgezwitscher, Techno oder Black Metal. Das muss niemand mitbekommen, was ich gerade für einen Film fahre.
    Für eine der Zeit angemessene und bessere Welt: schäumt die Glockentürme aus, Leute! Von selbst kommen die offenbar nicht drauf, abzuschalten.

  5. Netti sagt:

    Ich wohne seit 3 Jahren neben der ev. Kirche. Ich bin gläubig, gehe aber nicht groß in die Kirche, schaue die Predigten, die unser Pfarrer hier super macht, sehr gerne online an. Das Glockenläuten ist jedoch auch für mich sehr nervig, es läutet um 11 und dann wieder um 16 oder17 Uhr, keine Ahnung warum das so unterschiedlich ist. Sonntags, wo unser Pfarrer groß ins Kirchenblatt geschrieben hat, dass es ein Ruhetag sein soll, da trööten die Posauner morgens um 8 zum Turm raus, mit mehren Leuten. Da denk ich die stehen bei mir in der Wohnung. Dann bimmelt es um halb 10, um halb 11 und um halb 12 und während der Predigt beim Vaterunser noch einmal. Nachmittags um wie gesagt 16 oder 17 Uhr nochmal Die Zeit Anbimmlerei ist bei uns Tag und Nacht. Jede volle Stunde wird 2 mal angebimmelt. Wie hier auch schon beschrieben wurde, es finden die Leute das super, aber nur die, die weiters weg wohnen. Ich habe schon neben 2 Kirchen gewohnt, aber so extrem wie hier, war es nirgends. Achja Freitags ist noch Friedensgebet und noch zig andere Veranstaltungen wo es unter der Woche auch bimmelt, es nervt einfach nur alles, besonders wenn man mal krank daheim ist und Kopfschmerzen hat.

  6. Flo sagt:

    Ich habe mir die Zeit genommen, alle Komentare durchzulesen. Leider musste ich feststellen das die meisten hier anscheinend Atheisten sind. Ja es mag sein das Kirchenglocken früher mehr Sinn gehabt haben, wenn man dir Sprache der Glocken übersetzt heißt es „Kommet her“ ja wohin ? Die meisten würden sagen in den Gottesdienst oder ….
    Es geht hier nicht darum um gesundheitsschädlich oder nicht. Gesundheitsschädlich ist vor allem auch das Handy das viele als Argument zum Zeit ablesen bringen ja und ??? Es benutzen trotzdem fast alle. Früher haben die Kirchenglocken bei einem Brand oder einer Gefahr geläutet und die Bevölkerung gewarnt. Wir sind heute schon soweit das sich die Bevölkerung über die Sirenen die die Feuerwehren zum Einsatz alarmieren, wenn jemand oder etwas in Gefahr ist aufregen vonwegen Ruhestörung und so weiter. Aber das geht jetzt zu weit weg vom Thema.
    … und um ein anderes Thema außer Kraft zu setzten andere Glaubenrichtungen Zahlen „privat“ meist mindestens 1/10 ihres Vermögens den Glaubensrichtungen und sind nicht auf Kirchensteuern angewiesen oder regen sich darüber auf. wirklich schade.
    Auch jetzt zum Tod vom Papst, es wurde ein Trauergeläut mit allen Glocken angeordnet um es zu verkünden in 3 Absätzen (3×5 min) und die Bevölkerung regt sich wieder drüber auf kaum zu glauben aber war. Euch bzw. den meisten sollten die Augen geöffnet werden man könnte auch im Radio und im Fernseh 3 mal täglich auf allen Sendern Glockengeläut übertragen… tja jeder von euch würde das Gerät dann abschalten. Also wenn euch das Geläut auf die Eier oder den Eierstock geht, fahrt ins Aldi und kauft ein. Die Kirche stand vormutlich bei den meisten zu erst da oder etwa nicht. Denkt mal drüber nach! … und ja ich wohne auch in der Nähe einer großen Kirche mit Glockenturm und akzeptiere es einfach bzw. freue mich auch mal darüber wenn sie läuten.

  7. Wolfgang sagt:

    Was hat Lärmbelästigung und Körperverletzung mit Religionsfreiheit zu tun? Ich musste wegen arbeitsbedingt drei Tage in Baesweiler übernachten und wurde jeden Morgen um 7 Uhr durch diesen ohrenbetäubenden Lärm geweckt. 5 Minuten sinn- und grundloses Gebimmel. Ich habe Strafanzeige wegen Ruhestörung, Lärmbelästigung und Körperverletzung erstattet. Einige Pfaffen halten sich wohl für den (nicht existierenden) lieben Gott und wollen alle Menschen nach ihren Pfeifen (Glocken) tanzen lassen. Höchste Arroganz gegenüber Kindern, Alten, Kranken, berufstätigen Schichtarbeitern, Andersgläubigen usw. Heute müsste eigentlich Jeder wissen, das es keine Götter gibt, sondern alle bisher seit der Steinzeit „existierende“ Götter von Menschen erschaffen wurden, welche die Grundlagen der Naturwissenschaften nicht verstehen können oder wollen oder von religiösen Machthabern an Aneignung von Wissen und Bildung gehindert werden.

  8. Christoph sagt:

    Es nervt heutzutage.

    Noch vor 50 Jahren mag eine Kirchenglocke sicher einen Sinn gehabt haben. Ebenso diese 5 Minuten oder länger zu läuten. Es war wie ein Leuchtturm der Menschen anziehen soll und dazu noch die Uhrzeit verkündet.

    Heutzutage, quasi jeder hat eine Uhr und kann die Zeit selbst ablesen, oder ein Handy. Der Großteil der Menschen ist nicht mehr sehr religiös – die welche es sind finden die Kirche zur richtigen Zeit auch ohne Geläute.

    Die Botschaft der Kirche über den einen Gott – in unseren Zeiten fast eine Fakenews Hetze durch die Medien würdig. Okay, Religionsfreiheit, jeder soll Glauben was er will. Aber das über den Staat für dieses Organ dann noch Geld (Kirchensteuer) eingetrieben wird – das ist letztes Jahrtausend. Und dann gleiches Recht für alle Kirchen und Glaubensgemeinschaften. Dann darf die Moschee auch singen! Dann soll auch eine Kirchensteuer für andere Glaubensgemeinschaften anfangen.

    Mich stört diese Lärmbelästigung auf Dauer. Ich muss wenn der Fernseher oder das Radio läuft entweder extrem laut drehen um noch etwas zu verstehen oder Pause machen. Ob diese Glockengeläute von manchen Glocken nicht gesundheitsschädlich ist in der Lautstärke und Dauer ist eine weitere Frage. Überflüssig ist es heutzutage auf jeden Fall.

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