Der Vollrausch nach § 323a StGB

Von Anh P.

Letzte Aktualisierung am: 8. April 2024

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Egal, ob fahrlässiger oder vorsätzlicher Vollrausch: Wer in diesem Zustand eine Straftat begeht, kann ins Gefängnis kommen.

Was ist ein Vollrausch?

Egal, ob fahrlässiger oder vorsätzlicher Vollrausch: Wer in diesem Zustand eine Straftat begeht, kann ins Gefängnis kommen.
Egal, ob fahrlässiger oder vorsätzlicher Vollrausch: Wer in diesem Zustand eine Straftat begeht, kann ins Gefängnis kommen.

Wer morgens jemals mit einem Kater aufgewacht ist, der kennt diesen Gedanken wahrscheinlich: Am Vorabend war das letzte Glas Wein einfach ein Glas zu viel. Kopfschmerzen hat wohl jeder schon einmal gehabt, nachdem er in Sachen Alkohol über die Stränge geschlagen hat.

Allerdings liegen zwischen einem leicht beschwipsten Zustand und einem durch Alkohol verursachten Vollrausch Welten. Letzterer kann nach § 323a Strafgesetzbuch (StGB) nämlich ein strafrechtlicher Tatbestand sein – unter Umständen droht dem Betroffenen sogar eine Gefängnisstrafe.

FAQ: Vollrausch

Wann handelt es sich rechtlich gesehen um einen Vollrausch?

Das Strafgesetzbuch beschreibt einen Rauschzustand, der in Folge des Genusses von Alkohol entsteht

Gibt es eine Grenze, die den Vollrausch kennzeichnet?

Eine festgelegte Promillegrenze gibt es nicht. 2,5 Promille können jedoch als Orientierung dienen.

Wie wird ein Vollrausch geahndet?

§ 323a Abs. 1 StGB sieht eine Geld- oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren für eine Tat im Vollrausch vor.

Vollrausch: Das StGB sieht bis zu fünf Jahre Haft vor

Ein Täter, der nach § 323a StGB im Vollrausch rechtswidrig handelt, ist sich aufgrund des Rauschzustandes seiner Schuld nicht bewusst. Wer eine sogenannte „Rauschtat“ begeht, wird daher grundsätzlich als schuldunfähig eingestuft und kann wegen der Tat selbst nicht bestraft werden. Das bedeutet aber keineswegs, dass diese Person straffrei ausgeht. Beim Vollrausch liegt ein Auffangtatbestand vor, der immer dann greift, wenn andere Gesetzesvorschriften nicht angewandt werden können. § 323a Abs. 1 StGB ist dahingehend zu entnehmen:

Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke […] in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.

Schuldunfähigkeit schützt nicht vor Strafe

Für die Praxis bedeutet das: Nicht die Tat an sich (zum Beispiel Körperverletzung) wird bestraft, sondern das Verhalten, das zum Vollrausch und damit einhergehend zur Schuldunfähigkeit geführt hat – also das Sich-Betrinken.

In § 323a StGB und § 122 OWiG ist der Tatbestand des Vollrausches gesetzlich verankert.
In § 323a StGB und § 122 OWiG ist der Tatbestand des Vollrausches gesetzlich verankert.
  • 2015 wurde ein junger Mann vom Amtsgericht Aachen wegen seines Vollrauschs gemäß § 323a StGB zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 25 Euro verurteilt. Infolge des übermäßigen Alkoholkonsum kam es zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung; der Anklagte fügte einem anderen Beteiligten in diesem Zustand eines Nasenbeinfraktur zu.
  • Anfang 2018 musste sich ein anderer Mann vor dem Dachauer Schöffengericht verantworten. Mit 2,1 Promille im Blut trat er solange auf das Opfer ein, bis dieses minutenlang bewusstlos am Boden lag. Trotzdem wurde der Angeklagte nicht wegen versuchter Tötung verurteilt. Das Gericht kam dafür zu dem Schluss: Hier liegt ein fahrlässiger Vollrausch vor.

Der Vollrausch kann auch „nur“ eine Ordnungswidrigkeit sein

Nicht nur das Strafrecht kennt den Begriff „Vollrausch“. Auch im Gebiet des Ordnungswidrigkeitenrechts ist der „Vollrausch“ ein geläufiger Ausdruck. Zu diesem Rechtsgebiet zählt neben der Straßenverkehrsordnung (StVO) auch das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG). Der § 122 OWiG ist im Grunde identisch mit dem im StGB stehenden § 323a; sich in einen Rauschzustand zu versetzen ist hier lediglich eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann – sofern sich der Betroffene in diesem Zustand überhaupt zu einer ordnungswidrigen Handlung hat hinreißen lassen.

Gibt es für den Vollrausch eine Promillegrenze?

Ab wann ist der Zustand des Vollrausches erreicht? Und bis wann ist ein Mensch einfach „nur“ betrunken? Für den Vollrausch nach § 323a StGB bzw. § 122 OWiG gibt es tatsächlich keine offizielle Promillegrenze, denn jeder Mensch reagiert anders auf Alkohol, sodass immer individuell entschieden werden muss, ob ein Vollrausch vorliegt oder nicht. Als ungefährer Richtwert für den Vollrausch gelten 2,5 Promille.

Eindeutige Symptome für einen Vollrausch sind unter anderem:

  • Sprachstörungen und Verwirrtheit
  • Verlust der Kritikfähigkeit
  • Starke Einschränkung des räumlichen Sehens
  • Gleichgewichts- und Orientierungsstörungen
  • Einschränkung der Wahrnehmungsfähigkeit und des Denkvermögens („Filmriss“)
  • Erbrechen und zeitweise sogar Bewusstlosigkeit

Folgen eines Vollrausches für den menschlichen Körper

Ein Vollrausch hat negative Auswirkungen auf die eigene Gesundheit.
Ein Vollrausch hat negative Auswirkungen auf die eigene Gesundheit.

Was oft unterschätzt wird: Ein Vollrausch kann gravierende Folgen für die Gesundheit haben. Allein bei einem einzigen Rausch sterben bereits Millionen von Gehirnzellen ab. Junge Menschen sind besonders gefährdet: Da die Organe noch bis zum 20. Lebensjahr heranwachsen, kann Alkoholmissbrauch in jungen Jahren zu bleibenden Schäden im Gehirn führen.

Darüber hinaus wird bei jedem Vollrausch die Leber in Mitleidenschaft gezogen, schließlich ist sie dasjenige Organ, das für den Abbau des Nervengifts zuständig ist. Im schlimmsten Fall entwickelt der Betroffene sogar eine Leberzirrhose („Schrumpfleber“) oder Leberkrebs.

Auch andere Krebsarten können durch regelmäßiges Trinken mitverursacht werden, zum Beispiel Brustkrebs oder Speiseröhrenkrebs. Alkohol birgt zudem Risiken für Herz- und Blutkreislauf und wird teilweise auch verantwortlich gemacht für Bluthochdruck oder Herzmuskelentzündungen.

Über den Autor

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Anh P.

Anh hat eine journalistische Ausbildung absolviert und verstärkt unsere Redaktion seit 2018. Ihre Ratgeber befassen sich u. a. mit Verkehrsverstößen, Fragen zum Bußgeldverfahren und Tipps zur Fahrzeugpflege. Außerdem verfasst sie Pressemitteilungen und unterstützt uns als Lektorin.

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